Ansätze einer «Sozialisierung von hinten» Das Wohnen sei die soziale Frage des 21. Jahrhunderts, stellten in den letzten Jahren selbst Vertreter*innen der deutschen Bundesregierung fest (BMI 2020). Doch was bedeutet es für sozialistische Politiken, das Wohnen als soziale Frage zu verstehen? Mit einer Vorbemerkung zu Marx’ ursprünglicher Akkumulation, einer Betrachtung des «Roten Wiens» als Versuch einer Sozialisierungsstrategie «von hinten» sowie einer kurzen Diskussion aktueller Verknüpfungen von Finanzkapitalismus und urbanem Boden in der Schweiz möchten wir in diesem Text unterstreichen, wie zentral Kämpfe um neue Eigentumsordnungen an Grund und Boden für das Projekt einer emanzipatorischen Linken sein können.

 

Marx und Engels: Das Wohnen als Nebenwiderspruch?

Im 24. Kapitel des ersten Bandes des Kapitals widmet sich Karl Marx der «sogenannten ursprünglichen Akkumulation». Er befasst sich dort nicht mit den ökonomischen Logiken des Kapitalismus, sondern mit seiner Entstehungsgeschichte. Für Marx beginnt diese mit einer Enteignung: «Die Expropriation des ländlichen Produzenten, des Bauern, von Grund und Boden bildet die Grundlage des ganzen Prozesses.» (MEW 23, 744). Die «Enclosures of the  Commons»,  also  die  Einhegungen  der  gemeinwirtschaftlich  betriebenen Felder durch den niederen Landadel, waren nach Marx für die Entste-hung des Kapitals wie auch des Proletariats grundlegend: Von ihren Produktionsmitteln (u. a. dem Boden) getrennt, zogen die «doppelt freien Arbeiter» umher und schliesslich in die sich industrialisierenden Städte, um ihre Arbeitskraft zu verkaufen.

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